Guge, versunkenes Königreich im Canyon

Aufbruch um 7:30Uhr, 1 Stunde vor Sonnenaufgang. Zu so einem frühen Start waren Fahrer und Reiseführer nur zu überreden, in dem wir gleichzeitig beteuerten, dass dies eine Ausnahme sei. Etwa 5 Grad Minus. Böse Überraschung: Der Jeep heizt nicht. Die Scheiben bleiben teilweise vereist, bis die Sonne schon längst über dem Horizont steht. Das Frühstück war karg, unterwegs schlafen die 2 Dörfer noch, durch die wir vor dem Pass kommen, so dass wir kein richtiges Frühstück einlegen können.
Die Schotterstraße windet sich einen Berg hinauf, der aus weichem Gestein und Geröll besteht. Der Jeep trägt uns durch weitläufige Berge, die rot, rostbraun und grün schimmern. Hier sind fast alle Flüsse gefroren und die Reifen brechen durch krachendes Eis. Dann kommen unter uns die endlosen bis 300m hohen Canyons von Guge in Sicht. Unser mitreisender Fotograf lässt häufig halten, um Bilder zu schießen. Dann senkt sich der Schotterweg hinab in das Labyrinth von Schluchten, das hier Steinwald genannt wird. Die bizarrsten Formen begegnen uns, manchmal geben wir ihnen Namen, wie zum Beispiel „Die Apostel“. Das weiche Gestein leuchtet gelb bis rötlich.
Die Chinesen haben auch hier eine Brücke über das breite Flussbett gebaut, dann sind wir in Tsata, auch Thoeling genannt. Hervorragendes Essen erwartet uns und söhnt uns mit den Tagen von Tsampa, dem tibetischen Gerstenmehl und dem Gewichtsverlust aus.

Guge! Es ist eine Entdeckung. Ein 800 Jahre altes Königreich, dessen Hauptstadt an und in den weichen Fels gebaut ist. In den unteren Ebenen befinden sich die Höhlen und Häuschen für die normalen Sterblichen. In den mittleren Etagen lebten die Mönche, ebenfalls in Höhlen und Häusern. Prächtige Gebetshallen mit kunstfertigen Fresken und Statuen zeugen hier vom kulturellem Reichtum Guges, der mit europäischen Werken der damaligen Zeit mithalten kann. Auf dem Gipfel des Berges thront luftig und das Reich überblickend der Sommerpalast des Königs. Diese Etage ist ausschließlich durch einen Tunnel zu erreichen, der immer knapp an der Außenwand des Felsens entlangführt und so Fenster ermöglicht. Dieser Tunnel ist ein perfektes Instrument zur Verteidigung. Die Rückseite des Berges wird von einer uneinnehmbaren Steilwand begrenzt. Der gesamte Fels wird von Höhlen und Höhlensystemen durchzogen. Dabei grenzt das Vertrauen, das die Baumeister in den weichen Stein hatten schon an Leichtsinn. Tatsächlich sind in den Jahrhunderten einige Teile der Festung und auch der Stadt weggespült worden. Was geblieben ist, beeindruckt durch seine Kunstfertigkeit, seine verwinkelte dreidimensionale Struktur und seine Lage in einer wüstenartigen Landschaft von Canyons.








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