Nach den Unruhen in Tibet waren die Landgrenzen gerade wieder geöffnet worden, als wir mit einem Landcuiser immer tiefer in die unendlichen Weiten der tibetischen Hochebene vordrangen. Die Kora um den heiligen Kailash, die Entdeckungen der in den Canyon gebauten Häuser im alten Königreich Guge, die Militärstraße über Changtang als höchste Ebene der Welt bis in die Seidenstadt Kashgar.
Erdbeeraroma
Rollt man von Nyalam auf der neuen Asphaltstraße acht km nach Norden, weist ein Schild auf die Milarepa Höhle hin. Nach einem kurzen Fußweg, findet man ein gerade wieder aufgebautes tibetisches Kloster. Dem chinesischen Betongebäude wurden Linien eingraviert, die die alte Steinarchitektur simulieren. Die Wände sind so gerade und makellos gezogen, wie es bei keinem historischen Kloster zu finden ist. Die Fenster sind aus doppeltem Glas und zum Schieben, der Fußboden aus glatten Fliesen, das Dach zünftig geteert. Der Bau wirkt wie eine synthetische Nachbildung von einem organischen Orginal. Es hat soviel mit tibetischen Klöstern zu tun wie industrielles Erdbeeraroma mit Erdbeeren. Das Kloster ist leer und hohl. Kein Mönch feiert hier seine Andacht. Die Nachbildung will einfach nicht anfangen zu leben. Aber es liegen schon irgendwo Schlüssel bereit, um die Milarepa Höhle des Klosters für Touristen aufzuschließen. Irgendwo. Nur wir finden die Schlüssel nicht.
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